Wurzelbrut, Stockausschlag und Schneitelung
Hast du schon einmal von Wurzelbrut, Stockausschlag oder Schneitelung bei Bäumen und Sträuchern gehört? Vielleicht sind dir diese Begriffe unbekannt, aber keine Sorge, denn in diesem Blog-Artikel werde ich genauer erklären, was sie bedeuten.
Wurzelbrut
Als Wurzelbrut, Wurzelaustrieb bzw. Wurzelausschlag werden Pflanzentriebe bezeichnet, die aus Wurzelknospen, Adventivknospen an oberflächlich wachsenden Wurzeln, gebildet werden. Das Wachstum von Wurzelsprossen wird meist durch eine Störung im Wuchsstoffhaushalt ausgelöst. Nach einer Verwundung bilden die Hasel, Linden, die Rosskastanie und Ulmen Wurzelbrut, ohne Verwundung die Edelkastanie, die Espe, Erlen, Pappeln der Sektion Populus, Robinie, Speierling und Weiden. Nur eine geringe Neigung zu Wurzelbrut zeigen Berg- und Spitz-Ahorn, Eichen, Gemeine Esche, Rotbuche und Hainbuche.
Stockausschlag
Als Stockausschlag bezeichnet man bei Bäumen und Sträuchern Triebe, die nach dem Verlust der primären Sprossachse neu aus dem Stumpf oder Stubben (der dann „Stock“ genannt wird) austreiben. Die Fähigkeit zu dieser Regeneration haben die meisten Sträucher, aber auch manche Laubbaumarten (z. B. Erle, Weide, Pappel, Robinie, Hainbuche, Eiche, Linde, Olive, vereinzelt bei Buche) sowie wenige Nadelbaumarten (z. B. Eibe, Küstenmammutbaum, selten bei Tannen).
Die Triebe des Stockausschlags bilden sich aus sogenannten schlafenden Augen des verbliebenen Stammrests. Diese Erscheinung tritt besonders nach einer Winterfällung auf. Da Bäume aus Stockausschlag meist nur minderwertige Stammqualität aufweisen, wird der Stockausschlag nur in Kurzumtriebsplantagen sowie in den forstwirtschaftlich nicht mehr zeitgemäßen Bewirtschaftungsformen Nieder- und Mittelwald genutzt.
Hecken die zum Windschutz oder zur Besitzabgrenzung sowie gewässerbegleitend angelegt wurden, werden von Zeit zu Zeit „auf den Stock gesetzt“, also bis auf den Stock zurückgeschnitten und zum Stockausschlag gezwungen, um die Hecke dicht zu halten. Vor allem die Windschutzfunktion hängt davon ab, dass die Hecken im unteren Bereich nicht verkahlen.
Schneitelung
Schneitelung ist der Rückschnitt von Bäumen (z. B. Esche, Weiden) in der Schneitelwirtschaft zur Gewinnung der Triebe oder Blätter als Tierfutter (Laubheu als Raufutter) und Einstreu. Gleichzeitig wird die Beschattung der nebenliegenden Flächen reduziert. Die Verwendung der abgeschnittenen Triebe bzw. Blätter als Futter erfolgt seit der Jungsteinzeit. Bei der Laubfuttergewinnung werden vier Arten unterschieden:
- Astschneitelung – belaubte Zweige werden zur Laubheu-, Brennholz- oder Flechtholzgewinnung abgetrennt
- Kopfschneitelung – durch Beschnitt der Bäume etwa auf Brusthöhe wird verhindert, dass Weidevieh oder Wild (anders als bei der Stockschneitelung, s. u.) den jungen Ausschlag verbeißt; es entstehen z. B. Kopflinden und Kopfweiden
- Laubschneitelung – es wird lediglich das Laub von den Ästen gerupft und als Winterfutter getrocknet; verwendet wurde insbesondere das Laub von Esche und Hainbuche
- Stockschneitelung – die Bäume werden auf Stock gesetzt, d. h. bis auf den Wurzelstock gerodet; der darauf folgende Stockausschlag bildet den Niederwald
Bei Weiden wird der obere Teil des Baumes in einer Höhe von typischerweise 1–2 Metern abgeschnitten (Kopfschneitelung). Im Gartenbau sagt man dazu auch Köpfung. Dort bilden sich neue Triebe, die für verschiedene Zwecke genutzt werden können. Aus Weidentrieben kann man z. B. Korbwaren herstellen. Der Baum wächst in die Form einer Kopfweide. Stärkere Triebe müssen regelmäßig (meist mehrjährig, wenn sie verholzen) abgeschnitten bzw. entfernt werden, damit der geschädigte Baum nicht unter dem eigenen Gewicht zerbricht und weiterhin junge Triebe bildet.
Bei einigen Bäumen eignen sich die jungen Triebe und Blätter als Viehfutter. Im Alpenraum wurde hierzu bis ins frühe 20. Jahrhundert vor allem die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) angebaut. Die Triebe wurden mit einer Praxe (historisches Werkzeug) geschneitelt. Diese Form der Bewirtschaftung nennt sich Schneitelwirtschaft.