Topinambur

Topinambur (Helianthus tuberosus)
Topinambur (Helianthus tuberosus)

Topinambur – Erkennen und Nutzen

Steckbrief, Bilder & Beschreibung der Ackerpflanze/Feldfrucht sowie ihr Nutzen für Ernährung und Gesundheit

Topinambur ist eine Pflanze und zählt botanisch zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) und zur selben Gattung wie die Sonnenblume (Helianthus annuus). Sie ist ein Wurzelgemüse und eine Nutzpflanze, deren Sprossknolle primär für die Ernährung genutzt wird. Topinambur ist auch verwildert, also in freier Natur, zu finden und ist somit auf pflanzen-vielfalt.at auch im Bereich Wildpflanzen gelistet.

Ackerpflanze-Steckbrief „Topinambur“

Botanischer Name: Helianthus tuberosus
Deutscher Name: Topinambur
Ordnung: Asternartige (Asterales)
Familie: Korbblütler (Asteraceae)
Gattung: Sonnenblumen (Helianthus)
Art: Topinambur
Weitere Synonyme/Volksnamen: Erdbirne, Erdapfel, Ross-Erdäpfel, Jerusalem-Artischocke; (Es gibt eine Vielzahl an weiteren Trivialnamen – da diese jedoch regional sehr begrenzt gültig/bekannt sind, finden sie hier keine Aufzählung.)

Bilder & Fotos „Topinambur“

Ackerpflanzen, Feld- & Zwischenfrüchte bestimmen mit Fotos (©) von pflanzen-vielfalt.NET. Die folgenden Bilder/Fotos zeigen dir die Pflanze im Jahres- bzw. Lebensverlauf und ermöglichen eine Bestimmung über den gesamten Zeitraum.

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Bestimmung/Beschreibung der Ackerpflanze

Erscheinungsbild: Die mehrjährige krautige Pflanze wird bis zu 3 m hoch. Der Trieb ist einjährig und stirbt im Herbst ab. Aus einer Knolle bilden sich mehrere aufrechte und verzweigte Stängel, an denen gestielte, eiförmige Blätter sitzen. Diese werden 7 bis 10 cm breit und zwischen 10 und 25 cm lang. Stängel und Blätter sind rau und behaart.

Blüte: Was gemeinhin als „Blüte“ bezeichnet wird, ist botanisch gesehen ein Blütenstand. Er ist körbchenförmig und wird von den außen sitzenden Zungen- und den inneren Röhrenblüten gebildet. Es handelt sich um einen zwittrigen Blütenstand. Die Früchte werden botanisch als Achänen bezeichnet. Die Blütenstände haben einen Durchmesser von 4 bis 8 cm und sitzen in den Achseln der oberen Laubblätter. Die äußeren Zungenblüten sind kräftig gelb. Die Blütezeit von Topinambur liegt zwischen August und November. Als Kurztagspflanze blüht sie aber erst, wenn eine bestimmte Tageslänge unterschritten wird. Daher blüht sie in Nordfrankreich nicht vor Oktober, in Mitteleuropa dagegen schon ab August.

Wurzel/Knolle: Die Pflanze überwintert mit Rhizomen, in die der Spezialzucker Inulin eingelagert wird. Die birnen-, apfel- bis spindelförmigen Knollen entstehen an der Sprossbasis, die Knollenhaut ist von beige über gelb bis rosa gefärbt und das Fleisch der Knolle ist weiß. Die Knollen werden etwa so groß wie Kartoffeln. Die Haut der Knolle ist im Gegensatz zu Kartoffeln fein und dünn. Die Knollen ertragen Frost bis -30 °C, wobei der oberirdische Spross nur -5 °C aushält.

Anbau der Ackerpflanze/Feldfrucht

Im erwerbsmäßigen Anbau wird Topinambur einjährig kultiviert. Er ist anspruchslos und stellt keine großen Anforderungen an seinen Standort, wobei auch nährstoffarme Böden genutzt werden können. Optimal sind Standorte mit pH-Werten zwischen 6,0 und 7,5. Sehr gut folgt er in der Kulturfolge auf Kulturen, die lockeren Boden hinterlassen und er wächst vor allem auf lockerem, leicht sandigem Boden, Staunässe wird gemieden. Klimatisch kann die Pflanze von kühlen Gebieten wie Nordamerika und -europa bis weit in den Süden gedeihen, auch für die Tropen ist er während der „kühleren“ Jahreszeit geeignet. Besonders geschätzt werden vollsonnige Standorte, Topinambur fühlt sich aber auch im Halbschatten wohl.

Die Neubepflanzung erfolgt im frühen Frühjahr (Februar-April). Während der sehr frühen Pflanzung kann die Kultur mit Vlies bedeckt werden, um das Austreiben zu beschleunigen.

Topinambur benötigt vor allem zu Kulturbeginn Pflege durch Unkrautbekämpfung. Danach überwuchert und verdrängt die Pflanze das Unkraut, so dass es keine ertragsmindernde Rolle mehr spielt. Werden zusätzlich noch die Blüten entfernt, kann der Ertrag um zehn bis zwölf Prozent gesteigert werden, wobei die Knollen im Mittel von 3,8 g auf 4,4 g größer wurden. Bei einer Kürzung der Gesamtpflanze kommt es dagegen zu einem Minderertrag.

Der Hauptzuwachs der Knollen erfolgt von Juli bis Oktober, geerntet wird von November bis März/April vor dem Neuaustrieb der Knollen. Nachdem die Blätter abfallen (Einfallen), werden die Stängel zur leichteren Ernte eingekürzt. Die Erträge betragen ca. 600 dt/ha Knollen, bei guter Kultur können auch bis zu 800 dt/ha erreicht werden und im Hausgarten sind Erträge von 2 bis 3 kg/m² üblich. Für die Ernte sind stärker ausgelegte Maschinen nötig, weil die Knollen fester mit der Pflanze verwachsen sind als Kartoffeln. Im Gegensatz zu Kartoffeln verträgt die Topinamburknolle Frost, solange sie im Boden ist. Um auch bei Frost ernten zu können, kann die Erde mit Stroh oder Laub bedeckt werden. Nach der Ernte verbleibt meist ein Teil der kleineren Knollen im Boden, dieser dient für die nächstjährige Kultur. Topinambur bleibt für einige Jahre am gleichen Standort und wird jährlich abgeerntet. Erfolgt ein Kulturwechsel, wird am besten Wiese angesät, die mehrmals im Jahr gemäht wird. Das bringt den Wuchs der Topinambur zum Erliegen und sie verschwindet aus der Kulturfläche.

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Nutzung der Ackerpflanze/Feldfrucht

Ernährung: Der Geschmack der Topinamburknollen ist süßlich, die Konsistenz wässrig und sie erinnert an Artischockenböden. Die Knolle kann sowohl roh in Salaten als auch in Salzwasser gekocht verzehrt werden. Auch frittiert wie Kartoffeln sind sie zum Essen geeignet. Ebenso kann ein Saft als Getränk zubereitet werden. Unter saurem Milieu kann dieser eingedickt werden und ergibt einen 90%igen Fructosesirup. Der goldgelb bis braune Topinambursirup wird als alternatives Süßungsmittel verkauft.

Besonders hervorzuheben ist der Inhaltsstoff Inulin, ein unverdauliches Polysaccharid. Als wasserlöslicher Ballaststoff ist Inulin ein wichtiges Prebiotikum. Der Gehalt an Inulin ist zum Zeitpunkt der Ernte am höchsten und fällt bei der Lagerung ab. Der Gesamtgehalt (auf die Masse bezogen) an Zuckern bleibt dabei konstant.

Da die Knollen nur eine dünne Haut haben, trocknen sie leicht aus und werden welk. Anders als Kartoffeln sind sie deshalb nur wenige Wochen offen lagerbar. Das geschieht nach dem Kauf am besten foliert im Kühlschrank.

Brennerei: Topinambur wurde schon Ende des 19. Jahrhunderts für das Brennen von Destillaten verwendet. In Baden werden die Topinambur-Knollen zu einem Verdauungsschnaps verarbeitet, der unter den Bezeichnungen „Topinambur-Branntwein“, „Topinambur“, „Topi“, „Erdäpfler“, „Rossler“ (abgeleitet von Ross-Erdäpfel) oder „Borbel“ verkauft wird.

Topinambur-Branntwein duftet fruchtig und hat ein leicht nussig-süßliches Aroma. Charakteristisch ist der intensive aber angenehm erdige Geschmack, der entfernt an Enzian erinnert. Vor dem Brand müssen die Topinambur-Knollen gründlich gewaschen werden, um alle Anhaftungen von Erde zu beseitigen. Bei ungenügender Reinigung bekommt der Branntwein einen unangenehmen Geschmack, im ungünstigsten Fall kann es zu Fehlgärungen kommen.

Zuckerherstellung: In geringerem Maß hatte Topinambur auch Bedeutung als Rohstoff für die Fruchtzucker-Herstellung. Interessant ist Fructose, weil sie süßer als Zucker (Saccharose) oder Dextrose (Glucose) ist. Die Zuckergewinnung war jedoch recht schwierig und kostenintensiv und wurde um den Zweiten Weltkrieg nicht mehr weiterverfolgt. Heute gibt es Techniken, die es leichter möglich machen, Fructose aus Topinambur herzustellen, indem sie nutzen, dass Fructose nach der Hydrolyse des Mehrfachzuckers Inulin schon hochprozentig in der Knolle vorhanden ist.

Futterpflanze: Früher wurde auch den Haustieren (Vieh, Pferden, Schweinen) Topinambur verfüttert. Die nahe verwandte Art H. maximilianii wird in den USA auch noch als Futterpflanze genutzt. Heute befinden sich wieder Produkte als Zusatzfutter für Pferde und Kleintiere im Handel. Für Schafe soll sie ein sehr gutes Futter sein. Topinambur wurde in geringem Umfang auch als Futterpflanze für Wildfutter angebaut.

Bioenergie: Aufgrund der guten Anbaueigenschaften und der hohen Biomasseproduktion kann Topinambur auch als Energiepflanze genutzt werden und spielt entsprechend als nachwachsender Rohstoff eine potenzielle Rolle. Dabei lassen sich sowohl die vegetativen Teile als auch die Knollen zu Biogas und Bioethanol vergären oder zu Brennstoff trocknen und verarbeiten.

Geschichte & Entwicklung

Topinambur stammt aus Nord- und Mittelamerika, ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet wird in Mexiko vermutet. Heute ist die Art im zentralen und östlichen Nordamerika sowie in Mittelamerika verbreitet und gilt als Kulturpflanze der Indianer aus vorkolumbianischer Zeit.

Überlebende einer Hungersnot unter französischen Auswanderern in Kanada/Nordamerika schickten 1610 einige der unbekannten Knollen, die ihnen das Leben gerettet hatten, nach Europa. So kam sie auch 1612 nach Paris sowie in den Vatikan als Sammelplatz für Wunder aller Art. In Frankreich wurde die „Indianerkartoffel“ nach einem brasilianischen Indianerstamm, der zufällig gerade zu Besuch war, benannt: topinambour. Parallel einigten sich päpstliche Gärtner auf girasole articiocco (Sonnenblumen-Artischocke). Durch Volksetymologie wurde aus girasole im englischen Sprachraum die Bezeichnung Jerusalem-Artischocke.

Zuerst wurde die Topinambur als Nahrungsmittel angebaut. Im 19. Jahrhundert waren die Knollen ein wichtiges Nahrungs- und Futtermittel. Vor allem in Frankreich genoss sie nach ihrer Einführung Anfang des 17. Jahrhunderts große Popularität. In Europa wurde die süßlich schmeckende Knolle Mitte des 18. Jahrhunderts wieder weitgehend von der ergiebigeren Kartoffel verdrängt.

Heute wird Topinambur auf fast allen Kontinenten angebaut, Hauptanbaugebiete befinden sich in Nordamerika, Russland, Australien und Asien. Mit nur noch geringer wirtschaftlicher Bedeutung wird sie zudem in Südfrankreich und den Niederlanden angebaut. In der Schweiz wird sie im Seeland seit 1978 wieder erwerbsmäßig angebaut. In Deutschland findet man nur kleine Anbaugebiete in Niedersachsen, Brandenburg und Baden. In Baden im Landkreis Rastatt fanden sich 1990 noch etwa 200 ha im Anbau, in Dänemark waren es 1990 noch 15 bis 20 ha. Heute wird die Knolle fast nur in Bioläden oder auf Wochenmärkten verkauft. In der Schweiz und in Österreich wird sie auch über die Einzelhandelsketten vermarktet.

Zusatzinformationen & Wissenswertes

Medizinische Bedeutung: Die Knollen sind bei Diabetikern beliebt, da sie zu 16 % aus Kohlenhydraten in Form des Mehrfachzuckers Inulin bestehen. Topinambur ist seit 1922 auf dem Speiseplan flankierend zur Behandlung von Diabetes in Verwendung. Inulin, der langkettige Zuckerstoff, kann nicht verdaut werden, weil die dazu nötigen Enzyme nicht vorhanden sind, und wirkt deshalb als Ballaststoff im Darm. Erst im Dickdarm kommt es zur Fermentierung, was aber auch zu Blähungen führen kann. Wird Inulin regelmäßig mit der Nahrung aufgenommen, senkt das die Blutfettwerte und fördert die Anwesenheit von Bifidobakterien. Entsprechende Versuche wurden mit Absetzferkeln im Ersatz zu Leistungsförderern eingesetzt und förderten die Laktoflora-Bildung.

In der Homöopathie wird Topinambur als Mittel zur Gewichtsreduktion – durch Hemmung des Hungergefühls – angewendet. In Reformhäusern wird Topinambur als Kautablette oder Getränk verkauft, um, vor der eigentlichen Mahlzeit eingenommen, in Verbindung mit Wasser durch Aufquellen im Magen das Hungergefühl etwas zu dämpfen. Die Knolle enthält Betain, Cholin und Saponine, die als hemmend gegen Krebs angesehen werden. Des Weiteren beinhaltet Topinambur sog. Polyphenole, die eine starke antioxidative Wirkung haben. Sie schützen die Pflanze vor Fraßfeinden sowie schädlichen Umwelteinflüssen. Im menschlichen Körper wirken sie ähnlich, weswegen sie sehr wertvoll für die Gesundheit sind. Die Knollen enthalten die Phenolsäuren Salicylsäure (wirkt antimikrobiell sowie entzündungshemmend), Chlorogensäure (krebsvorbeugende Wirkung) und Gentisinsäure (bakteriostatische Effekte).

Videobeitrag zu „Topinambur“

Topinambur (Helianthus tuberosus)
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Quellen und weitere Informationen

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